Das Gegenüber mit ganzem Herzen erkennen - 13 Ehrenamtliche qualifizieren sich für die Seelsorge
Ihringen. In einem umfassenden Kurs haben sich 13 Ehrenamtliche für die Seelsorge in unterschiedlichen Arbeitsfeldern im Kirchenbezirk Breisgau-Hochschwarzwald qualifiziert. Seit März 2022 beschäftigten sich die Kursteilnehmenden an 18 Kursabenden und 6 gemeinsamen Studientagen mit psychologische und theologisch-seelsorgerlichen Inhalte und tauschten sich über ihre eigenen Praxiserfahrungen in Kleingruppen aus. Am 08.07. endete der Kurs „Seelsorge als Begleitung“ offiziell mit einem feierlichen Gottesdienst sowie der Übergabe der Zertifikate an die Absolvent*innen des Kurses.
„Seelsorge bedeutet für mich, einen Menschen ein Stück auf seinem Weg zu begleiten. Ich darf Anteil nehmen an seinem Leben. Es geht nicht immer darum, einen Rat zu geben oder eine Lösung zu finden, sondern da zu sein und mit auszuhalten, was der andere erlebt hat und mir gegenüber mitteilt“, erklärt Myriam Müller. Sie ist eine der Teilnehmerinnen des Qualifizierungskurses, der von Pfarrerin und Supervisorin Daniela Hammelsbeck (Müllheim), Diakon Florian Böcher (Kaiserstuhl) und Pfarrer und Supervisor Jürgen Fobel (Zentrum für Seelsorge, Ekiba) verantwortet wurde. Die besondere Qualität seelsorgerlicher Gespräche liege für Myriam Müller darin, dass Seelsorge im Kontext des Glaubens stattfindet. „Ich darf wahrnehmen, wo es tiefer geht und ob das Gespräch zu Gott führt. Ich darf aber auch damit rechnen, dass Gott schon längst da ist und etwas für mich und mein Gegenüber vorbereitet hat, ohne dass ich selber das Gespräch darauf lenken muss“, erklärt sie.
Um die Ehrenamtlichen für ihre seelsorgerlichen Aufgaben im Besuchsdienstkreis ihrer Gemeinde, in Alten- oder Pflegeheimen oder im Krankenhaus vorzubereiten, bietet das Zentrum für Seelsorge der Evangelischen Landeskirche in Baden in enger Zusammenarbeit mit den Kirchenbezirken spezielle Qualifizierungskurse an. Dabei stehen neben dem seelsorgerlichen Handwerkszeug, wie beispielsweise der Gesprächsführung, vor allem die eigenen Erfahrungen im Fokus. Ein Praktikum in einem konkreten Seelsorgefeld gehörte zum verpflichtenden Curriculum des Kurses im Kirchenbezirk.
"In der Seelsorge geht es um Beziehung und die Begegnung mit anderen. Deswegen haben wir mit den Teilnehmenden immer wieder reflektiert, was die konkreten Begegnungen in ihnen ausgelöst haben oder auch, wo sich Grenzen aufgetan haben,“ erklärt Kursleitung Daniela Hammelsbeck. Für Myriam Müller habe sich in eben diesen Fallbesprechungen eine besondere Tiefe ergeben. „In einem Gespräch nehme ich mein Gegenüber ja erstmal von Außen wahr. Aber ich möchte gerne einen Schritt weiter gehen und hinter die Fassade sehen. Den Menschen mit seinem Herzen erkennen“, erklärt sie. Sie habe die vielen Möglichkeiten zur Selbstreflexion genutzt, um an ihrer eigenen Haltung zu arbeiten. „Ich möchte meinem Gegenüber gerne vermitteln, dass ich ganz da bin. Das ist keine Frage der Technik, sondern da geht es für mich darum, offen und unvoreingenommen in eine Beziehung zu treten.“
Für die Absolvent*innen des Kurses geht es auch nach erfolgreichem Abschluss weiter. Einige von ihnen werden die seelsorgerlichen Aufgaben in den Altenheimen und Kliniken des Kirchenbezirks unterstützen. Andere arbeiten in den Besuchsdiensten der Gemeinden mit. Mit dem Zertifikat können sie sich durch die Kirchengemeinden oder Altenheime und Kliniken für ihren konkreten Dienst beauftragen lassen. Die Beauftragungen geschehen in einem Gottesdienst und gelten zunächst für 4 Jahre. Myriam Müller ist sich sicher, dass sie ihr „dickes Buch“, das sie im Kurs begonnen hat, weiterhin füllen wird.