Ein Gott der Lebendigen

Totensonntag oder Ewigkeitssonntag heißt der letzte Sonntag im Kirchenjahr. Eigentlich sind die beiden Begriffe zwei Seiten einer Medaille. Beim „Totensonntag“ geht der Blick zurück. Wir denken an die, die gestorben sind. Den Ehemann, die Freundin, die Tochter. Sie waren uns lieb. Ihr Verlust schmerzt immer noch. Wir werden sie nicht vergessen.

Der „Ewigkeitssonntag“ versucht, diesem traurigen Tag einen Weitblick zu geben. Mit dem Tod ist zwar das irdische Leben zu Ende, aber nicht das Leben an sich. Das Leben geht weiter – in einer anderen Welt und in einer Weise, die wir uns nur schlecht vorstellen können. In seinen „Leichenreden“ erzählt der Dichter und Pfarrer Kurt Marti von einer Frau:

„wenn ich gestorben bin
hat sie gewünscht
preiset das leben
das hart ist und schön
preiset DEN
der ein gott von lebendigen ist“

Vom ewigen Leben, von dem wir uns nur schlecht Vorstellungen machen können, ist hier nicht die Rede. Stattdessen spricht Marti von den Erfahrungen, die wir immer wieder hier machen: vom sich Durchkämpfen, von schwierigen Zeiten, aber auch von erfahrener Liebe, interessanten Begegnungen und von schönen Sommerabenden.

Aber obwohl die Frau in dem Gedicht von Kurt Marti weiß, dass sie sterben muss, will sie nicht, dass die Trauer ihren Tod bestimmt. Sie hat in ihrem Leben Gott als Gott des Lebens erfahren. Deshalb hat sie Hoffnung über den Tod hinaus. Deshalb geht sie dem neuen jenseitigen Leben getröstet entgegen.

Rainer Heimburger, Dekan im Kirchenbezirk Breisgau-Hochschwarzwald

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