Menschen(s)Kinder!

In den ersten christlichen Gemeinden, erzählt Lukas in der Apostelgeschichte, waren die Leute „ein Herz und eine Seele. Nicht ein Einziger betrachtete irgendetwas von dem, was ihm gehörte, als sein persönliches Eigentum; vielmehr teilten sie alles miteinander, was sie besaßen.“[1] Menschenskinder! Als ob sie eine große Familie wären ...! Nach menschlichen Maßstäben machbar war und ist das nicht. Deshalb wertet Lukas diese beeindruckende  Verbundenheit und ihre Folgen als Gottesgeschenk: „Die ganze Gemeinde erlebte Gottes Gnade in reichem Maß.“[2] Doch das bewahrte sie nicht vor Rissen im Fundament. Es menschelte schon immer mächtig auch unter Christenmenschen – wie könnte es anders sein.

Und so erzählt Lukas nur wenig später von Unregelmäßigkeiten bei der Verteilung der allen gemeinsamen Güter an die Bedürftigen: Die griechischstämmigen Leute bekommen weniger als die mit jüdischen Wurzeln![3]

Gruppenegoismen beginnen um sich greifen – und mit ihnen Entfremdung. Jetzt braucht es dringend eine gute Ordnung. Und so werden Diakone berufen, der Gemeinschaft zu dienen, indem sie das allen Gemeinsame unparteiisch und gerecht verwalten. 

Gerechtigkeit also tritt an die Stelle selbstloser Liebe, damit weiterhin alle zu ihrem Recht kommen; denn alle sind schließlich (Menschen-)Kinder Gottes. Ohne Ausnahme.  

Die gute und gerechte Ordnung anerkennt das Recht derer, die wir – aus welchen Gründen auch immer – aus dem Blick verlieren. Sie schafft relative Gleichheit unter den Bedingungen der bedrohten oder zerbrochenen Gemeinschaft. Und sie ist immer vorläufig und verbesserbar. 

Zum Kern unserer Berufung als Christenmenschen gehört es, empfindlich zu bleiben gegen jede Form von Ungerechtigkeit, mit unseren Möglichkeiten an der Verwirklichung von guten und gerechten Ordnungen mitzuwirken und dem Nächsten beizustehen, erst recht, wenn er/sie in Not ist. Die  Woche der Diakonie vom 27. Juni bis 5. Juli unter dem Motto „Menschen(s)kind“ erinnert uns kraftvoll an Berufung und Auftrag in der Spur Jesu.

Bei allem Einsatz für Gerechtigkeit wird uns unser Glaube davor bewahren, uns selbst maßlos zu überschätzen. Wir können Menschen nicht zu einem Herz und einer Seele machen – und brauchen es auch nicht. Aber Gott trauen wir es schon zu. Und so hoffen wir unverbesserlich, dass er das schaffen und schenken kann – einmal auch so, dass es kein Zurück mehr gibt. Menschenskinder! Dann ist Gott da, wo er schon immer hinwollte mit uns und unserer Welt. Dann ist das Reich Gottes da, das Jesus verkündet hat und um das wir im Vater unser immer wieder bitten. 

Pfarrer Rolf Kruse, Bad Krozingen

[1] Apg 4,32 NGÜ

[2] Apg 4,33b NGÜ

[3] vgl. Apg 6

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