„Wir sind als Fremde aufeinander zugegangen und gehen als Freunde auseinander“

Reise nach Kamerun belebt die Partnerschaft zwischen den protestantischen Kirchenbezirken Breisgau Hochschwarzwald und Bui

Pfarrerin Marika Trautmann ist Partnerschaftssekretärin im Kirchenbezirk Breisgau-Hochschwarzwald. Sie und ihr Team pflegen eine Partnerschaft mit dem Kirchenbezirk Bui der Presbyterianischen Kirche in Kamerun (PCC). In dieser Funktion ist sie vom 31.10 bis 14.11. mit den Delegierten von 12 anderen süddeutschen Partnerschaften (und einer Schweizer) mit Kirchenbezirken der PCC nach Kamerun gereist. Die Reise über Bafoussam, Jaunde und Douala wurde organisiert vom Partnerschaftsreferent der Basler Mission – Deutscher Zweig (BMDZ) Pfarrer Johannes Stahl.

Ziel war, die süddeutschen und Schweizer Partnerschaften zu vernetzen und endlich wieder eine persönliche Begegnung mit Kamerunerinnen und Kamerunern zu ermöglichen. Die Treffen fanden im französischen Teil Kameruns statt und nicht im englischsprachen, wo die Partnerschaftsbezirke angesiedelt sind. Dort ist seit Jahren Bürgerkrieg. Nahe Bafoussam auf über 1000 Meter Höhe, in einem friedlichen Kloster der Benediktinerinnen in Babete, unter Palmen und Bananenpflanzen, hatten die Abgesandten u.a. Gelegenheit für intensive Gespräche, Gottesdienste, Bibelteilen und gemeinsame Ausflüge zu Hilfsorganisationen, die sich um Flüchtlinge kümmern.

Positive Bilanz
„Wir sind als Fremde aufeinander zugegangen und gehen als Freunde auseinander“, zieht Marika Trautmann Bilanz der internationalen Begegnung. Auch die mitreisende ehrenamtliche Partnerschaftsaktive Margit Joos ist zufrieden. Sie weiß nun mehr aus erster Hand über die kamerunische Kultur und die Bedürfnisse der Partner. Von „Überstülpen“ aus deutscher Sicht hält sie gar nichts. Man müsste schon genau erfragen, was die Leute vor Ort wirklich gebrauchen können.
„Was wir in diesen paar Tagen geschafft haben, haben wir in den letzten fünf Jahren (per Telefon und Mail) nicht geschafft“, meint Marika Trautmann: Rückblick auf 45 Jahre Partnerschaft, Lebensverhältnisse ausgetauscht und Pläne gemacht für die Zukunft. Infos und Bilder von den Partnern sollen künftig im Kirchenbezirk verteilt, Gebete und Meditationen zu Bibeltexten ausgetauscht werden. Praktische Wünsche aus Kamerun gibt es auch: zum Beispiel Computer für die Ausbildung von Jugendlichen, die lange nicht zur Schule gingen. Margit Joos ist es wichtig, „dass man nicht alles für sich behält, sondern etwas abgibt“. Sie ist froh, dass sie durch die Reise die Lebensumstände ihrer Partner besser einschätzen kann.

Der Alptraum ist nicht zu Ende
Dazu maßgeblich beigetragen haben die kamerunischen Partnerschaftsdelegierten für Bui, Asah William Mbenkum, der Vorsitzende des Partnerschaftskomitees und Yvonne Vimomi Gwagwa, die Schriftführerin. „Wir könnten nicht unabhängig von den Partnern existieren, meint sie ernst. Sie freut sich über den persönlichen Kontakt und die Erfolgsstorys der Partnerschaft. Die Flüchtlingsnothilfe der Gemeinde werde unterstützt und helfe den Ärmsten der Armen. „Manche weinen vor Rührung, wenn sie ein bisschen Geld bekommen.“ In den vergangenen fünf Jahren hat der Kirchenbezirk Breisgau-Hochschwarzwald den Nothilfefonds von Mission 21 unterstützt, davon wurden in Bui Lebensmittel, Kleidung und Haushaltsgegenstände oder Werkzeuge finanziert. Außerdem wurde ein besonderer Fonds eingerichtet: Für Zivilisten, die durch Schießereien der Kämpfer verletzt wurden und sich die ärztliche Behandlung nicht leisten können. „Wir profitieren am meisten von der Partnerschaft“, sagt Yvonne Vimomi Gwagwa überzeugt.
Die Situation in Bui nennt sie einen Alptraum. Entführungen, Vergewaltigungen, Schläge, Straßenkämpfe waren bis vor Kurzem an der Tagesordnung. „Oft blieben wir tagelang im Haus und aßen trockenes Brot.“ Ihre Kinder, die auf eine kirchliche Schule gehen, trauen sich nicht Schuluniformen zu tragen, weil sie sonst als Streikbrecher gelten könnten. Momentan hätten sich die Kämpfe beruhigt. „Unsere und die Gebete unserer Partner haben geholfen.“ Jetzt sei es an der Zeit, die kirchliche Friedenserziehung zu intensivieren. „Die Hilfe unserer Partner berührt so viele Herzen.“

Hintergrund
Covid und der Krieg in Kamerun haben jahrelang Besuche der Partnerschaftsgruppen verhindert. Die englischsprachige Region fühlt sich seit vielen Jahren immer mehr von der französischsprachen Zentralregierung unterdrückt. Alle Bemühungen, die ursprüngliche föderalistische Staatsstruktur wiederzubeleben, sind gescheitert. Nun ist der Konflikt zwischen der anglophonen Bevölkerung, die ebenfalls gespalten ist, und der Regierung eskaliert. Manche Oppositionelle wollen einen neuen Staat gründen, Ambazonien. Andere wollen gleichberechtigt in einem föderalen Kamerun leben. Kriminelle Gruppen profitieren vom Chaos, die Bevölkerung leidet unter den marodierenden Banden wie unter dem Militär. Wer in die Schusslinie gerät, fürchtet um sein Leben. Dörfer werden niedergebrannt, mit Entführungen Geld erpresst, Denunzierungen und Misstrauen gehören zum Alltag wie Hunderttausende Binnenflüchtlinge, die ihr Zuhause verloren haben. Die Presbyterianische Kirche kümmert sich um Nothilfe und ist mit ihren kirchlichen Schulen eingesprungen, weil die staatlichen Schulen geschlossen sind.


Sabine Eigel, Zentrum für Kommunikation der Evangelischen Landeskirche Baden 

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