Hörst du nicht die Glocken?

Wo eine Kirche steht, da läuten Glocken. Die Nachbarschaft findet das nicht immer schön. Aber es gehört dazu. Die Evangelische Kirche in Deutschland und die Deutsche Bischofskonferenz haben für 2018 die Kampagne „Hörst du nicht die Glocken?“ ausgerufen. Damit erinnern die Kirchen an ihr klingendes Kulturgut. Die Anfänge der Glocke liegen vermutlich in China vor 5000 Jahren, seit etwa 1300 Jahren werden Glocken im Christentum eingesetzt.

Traditionell läuten sie, um zum Gottesdienst zu rufen. Sie erklingen zu liturgischen Handlungen: zum Vaterunser, zur Wandlung (katholisch) oder zur Einsegnung der Konfirmand*innen. Vielerorts laden sie drei Mal am Tag zum Gebet ein. Der Stundenschlag geht ins Mittelalter zurück, als die Kirchturmuhr die einzige Möglichkeit war, die Uhrzeit zu erfahren.

Hörst du nicht die Glocken? Ich finde die Kampagne eine gute Sache, und seitdem ich davon weiß, achte ich viel mehr auf den Klang unserer Glocken und auf die an anderen Orten. Die Glocken läuten und machen mich aufmerksam. Sie laden mich ein, mein Tun regelmäßig zu unterbrechen. Dabei sind es ja keine zarten Angebote oder vorsichtigen Einladungen, sondern Glocken setzen sich durch, sind laut, läuten an gegen die anderen Geräusche der Welt. Sie rufen, sie wecken, sie mahnen, sie jubeln.

Was sie wollen? Sie wollen eine Verbindung für uns aufmachen. Sie erinnern uns beschäftigte Menschen an eine Dimension, die uns so leicht abhandenkommt. Wenn uns die Dinge zu wichtig werden. Manchmal ja sogar die allertrivialsten Sachen ungeheuerliche Größe bekommen. Dann funken die Glocken mit ihrem lauten Ton dazwischen. Weisen auf Großes hin, das die kleinen Sachen angenehm zurechtrückt und wieder schrumpfen lässt. Aber sie wollen nicht nur relativieren, sie wollen auch trösten, bergen, mein einzelnes Erleben in Gottes großem Ganzen einen Platz finden lassen. Sie wollen der Zuversicht Stimme geben, dass da in meinem Leben immer auch Gott am Werk ist. Ist es nicht großartig, dass die Kirchenglocken immer noch läuten?!

Ihre Daniela Hammelsbeck, Pfarrerin in Müllheim

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Foto von der Friedenskirche Müllheim-Vögisheim