Luther und Corona
Schon immer mussten Menschen mit Epidemien umgehen. In der Pestzeit 1527 erhielt Martin Luther die Frage aus Breslau: Ob man vor der grassierenden Krankheit fliehen oder bleiben und helfen solle? Er antwortete damals mit der Postille „Ob man vor dem Sterben fliehen möge“.
Da ich heute morgen irgendwie etwas Zeit habe, habe ich die paar Seiten mal gelesen. - Das ganz „Büchlein“ kann man im Netz lesen (s.u.) Wer die WA zuhause hat, kann gerne mal wieder Latein schmökern. ;-)
Die Fragen sind anders als heute, klar. Aber manche Ähnlichkeit ist dann doch wieder verblüffend.
Hauptbild für Luther ist das „brennende Haus“. Hier hilft man doch mit und löscht, so gut man kann! Er argumentiert aber auch erstaunlich seelsorgerlich: Wer Angst hat und kein Amt vertreten muss, der könne fliehen ...
Eine zusammenfassende Applikation hab ich als Appetitmacher hier mal angefügt. Wer Zeit und Lust hat, kann ja selbst mehr lesen ...
Peter Boos, Pfarrer in Königschaffhausen
... Gebrauche die Arznei, nimm zu dir, was dir helfen kann, räuchere Haus, Hof und Gasse, meide auch Personen und Stätten, wo dein Nächster dich nicht braucht oder wieder gesund ist, und verhalte dich wie einer, der ein allgemeines Feuer dämpfen helfen wollte. Denn was ist die Pest anderes als ein Feuer, das nicht Holz und Stroh, sondern Leib und Leben auffrißt?
Und denke so: Wohlan, der Feind hat uns durch Gottes Zulassen Gift und tödliche Ansteckung hereingeschickt.
So will ich zu Gott bitten, daß er uns gnädig sei und es abwehre. Danach will ich auch räuchern, die Luftreinigen helfen, Arznei geben und nehmen, Orte und Personen meiden, wenn man mich nicht braucht, damit ich mich selbst nicht vernachlässige und dazu durch mich vielleicht viele andere vergiftet und angesteckt werden und ihnen so durch meine Nachlässigkeit eine Ursache des Todes entsteht. Will mich allerdings mein Gott haben, so wird er mich wohl finden; so habe ich doch getan, was er mir zu tun gegeben hat, und bin weder an meinem eigenen noch an anderer Leute Tod schuldig. Wenn aber mein Nächster mich braucht, will ich weder Orte noch Personen meiden, sondern frei zu ihm gehen und helfen, wie oben gesagt ist. Sieh, das ist ein rechter, gottfürchtiger Glaube, der nicht tollkühn oder frech ist und auch Gott nicht versucht.
Martin Luther, Ob man vor dem Sterben fliehen möge (Martin Luther, Ausgewählte Schriften, Inselausgabe 1982, Bd.II, S.241f ; WA 23,338ff)
Auch online als PDF zu lesen: https://jochenteuffel.files.wordpress.com/2020/01/luther-ob-man-vor-dem-sterben-fliehen-moege-insel-1.pdf